Eine Sonderwirtschaftszone bzw. Wirtschaftssonderzone ist ein meist räumlich abgegrenztes geographisches Gebiet innerhalb eines Staates, für das rechtliche und administrative Erleichterungen für Investoren bestehen.
Diese betreffen in der Regel das Zoll- und Steuerrecht, mitunter aber auch andere Rechtsgebiete wie Umwelt-, Arbeits- oder Sozialrecht. Unterschieden werden Industrieparks (englisch industrial parks), Freihandelszonen (englisch free trade zones, FTZ), Exporthandelszonen (englisch export processing zones, EPZ), Freiwirtschaftszonen (englisch free economic zones, FEZ), Zollfreigebiete (englisch free ports) und Enterprise Zones (englisch urban enterprise zones).
Die Einrichtung solcher Zonen hat üblicherweise die Steigerung von in- und ausländischen Direktinvestitionen zum Ziel, darüber hinaus sollen sie für die Entwicklung des „Hinterlands“ wirtschaftliche und technologische Impulse setzen.
Sonderwirtschaftszonen gibt es unter anderem in der Volksrepublik China, in Indien, Nordkorea, Uruguay, Russland, Vietnam, der Republik Moldau, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Kasachstan. In den Trikont-Staaten wurden sie mit Hilfe der Weltbank seit den 1950er Jahren errichtet. Auch die ukrainische Stadt Slawutytsch, ein „Ersatz“ für die von der Katastrophe von Tschernobyl kontaminierte Stadt Prypjat, wurde zu einer Sonderwirtschaftszone erklärt.
Die Sonderwirtschaftszone Feuerland (argentinischer Teil) führte seit 1972 zur starken wirtschaftlichen Entwicklung der Städte Ushuaia und Río Grande.
Wirtschaftsexperten waren sich nach der Herstellung der Einheit Deutschlands uneins, ob eine Sonderwirtschaftszone für den Aufbau Ost eingerichtet werden sollte. So plädierte eine regierungsamtlich bestellte Expertenrunde um den ehemaligen Ersten Bürgermeister von Hamburg Klaus von Dohnanyi für die Errichtung einer solchen Zone.[1] Andere Politiker hielten sie jedoch steuer- und tarifrechtlich sowie im Hinblick auf EU-Gesetze für nicht durchsetzbar.[2][3]
Auch Honduras verfügt über Sonderwirtschaftszonen unter der Kurzbezeichnung „ZEDE“ (Zone for Employment and Economic Development) = Zonen für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung. Dort wird versucht, Teilgebiete des Landes unter komplett privatwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu organisieren.[4][5]
Im April 2000 entschied die indische Regierung, die acht staatlichen Exportproduktionszonen (englisch Export Processing Zones, EPZ) in Sonderwirtschaftszonen (englisch Special Economic Zones, SEZ) nach dem Vorbild Chinas umzuwandeln.[6] Diese befinden sich in:
Später wurden auch in Indore (Madhya Pradesh), Jaipur (Rajasthan) und Kalkutta (Westbengalen) Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, 61 weitere wurden bewilligt und befinden sich in Planung bzw. im Ausbau.
In den indischen Sonderwirtschaftszonen werden keine Zölle erhoben. Die dort angesiedelten Unternehmen haben freien Zugang zum indischen Binnenmarkt. Zudem bietet die Regierung eine Reihe weiterer Anreize wie Steuervergünstigungen oder gar -erlasse über einen gewissen Zeitraum sowie gesetzliche Ausnahmeregelungen. Ziel ist es, ausländische Investoren anzulocken und international wettbewerbsfähige, exportorientierte Industriebetriebe aufzubauen.
Nach Beendigung des Iran-Irak-Kriegs 1989 trachtete die iranische Regierung die daniederliegende Wirtschaft ankurbeln. Hierzu wurde der erste Fünf-Jahresplan zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung aufgestellt. Infolge dieses Programms wurden sieben Freihandelszonen und mehrere Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, um ausländische Investoren anzulocken. In diesen Gebieten herrschen spezielle Regeln und Gesetze. Bestimmte iranische Gesetze gelten in einigen Bereichen nicht, und es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich der Kapitalanteile ausländischer Investoren.
Derzeit (April 2016) existieren sieben Freie Handels- und Industriezonen:
In der Spezialzone zur Entwicklung am Industriehafen Mariel, gut 40 Kilometer westlich von Kubas Hauptstadt Havanna, gelten seit 1. November 2013 besonders günstige Zoll- und Steuerregelungen für ausländische Investoren. Die Sonderwirtschaftszone stellte zugleich eine Herausforderung für die USA dar, die seit Jahrzehnten ein Embargo gegen Kuba aufrechterhielten. Kuba scheint es gerade zu gelingen, 120 Seemeilen vor der Küste Floridas einen internationalen Handelshafen zu etablieren.[7]
2015 wurde in der chinesisch-laotischen Grenzregion Boten eine Sonderwirtschaftszone geschaffen, die seit dem stark gewachsen ist, da viele Chinesen und chinesische Firmen sich hier niedergelassen haben. So sind u. a. Hotels und Nachtclubs entstanden.[8]
Nach chinesischem Vorbild und mit südkoreanischen Investitionen wurden seit dem Jahr 2000 auch in Nordkorea vier Sonderwirtschaftszonen eingerichtet:
In Polen gibt es insgesamt 14 Sonderwirtschaftszonen (polnisch Specjalna strefa ekonomiczna, SSE), deren Laufzeit zunächst bis in das Jahr 2020 verlängert wurde.[9][10] 2013 gab es eine weitere Verlängerung um sechs Jahre bis Ende 2026.[11]
Die 14 SSE sind:[12]
Offiziell gab es in den 1990er Jahren in Russland nur eine Sonderwirtschaftszone: Jantar bei Kaliningrad. Aufgrund der mangelnden Industrieansiedlung in der Kaliningrader Oblast im Kalten Krieg wurde 1991 ein Gesetz über eine Sonderwirtschaftszone verabschiedet. 1996 erging ein verbessertes Gesetz, da die Strukturen durch Ineffizienz und Korruption nicht den erhofften Erfolg erbracht hatten. 2006 wurde der Status der Sonderwirtschaftszone endgültig auf die Dauerhaftigkeit von 25 Jahren festgesetzt.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte in Russland eine intensive Diskussion über Sonderwirtschaftszonen ein. Die Idee, nach chinesischem Vorbild mehrere Sonderwirtschaftszonen auch in Russland einzurichten (vor allem in Sibirien und Fernost), wird Ex-Ministerpräsident Jewgeni Primakow in seiner Funktion als Präsident der Russischen Industrie- und Handelskammern zugeschrieben. Unter der Präsidentschaft von Wladimir Putin wurde schließlich im Jahre 2005 ein entsprechendes Gesetz über Sonderwirtschaftszonen in der Russischen Föderation verabschiedet, das in den verschiedenen Oblasten einen Wettbewerb stimulierte. Eine Föderale Agentur für das Management der Sonderwirtschaftszonen wurde errichtet, die für die Realisierung des Programms verantwortlich zeichnet.
Bis Ende 2010 wurden 25 Sonderwirtschaftszonen konzipiert und bestätigt, darunter u. a.:
Sonderwirtschafts- beziehungsweise Freihandelszonen (FZ) wurden z. B. in Dubai, Ra’s al-Chaima, (Ras Al Khaimah Free Trade Zone) Adschman und Fudschaira eingerichtet. Nur hier dürfen Unternehmen ohne inländische Gesellschafter gegründet werden und für ihre Besteuerung gelten Vorzugskonditionen. Wie ausdifferenziert inzwischen das System der Freihandelszonen ist, kann am Beispiel Dubais gezeigt werden (Stand Mitte 2009):
Bei den chinesischen Sonderwirtschaftszonen steht Sonder- vor allem für das Wirtschaftssystem und die Wirtschaftspolitik.[13] Das bedeutet, dass die Zentralregierung den Sonderwirtschaftszonen das Recht gibt, eine besondere Wirtschaftspolitik zu verfolgen. Es gibt besondere Steuervergünstigungen für Investitionen in den Sonderwirtschaftszonen.
Das Wirtschaftssystem der Sonderwirtschaftszonen beruht auf den folgenden vier Prinzipien:
Sonderwirtschaftszonen haben in der nationalen Planung (inkl. der Finanzplanung) einen Sonderstatus und haben in ihrer Wirtschaftsverwaltung die gleichen Rechte wie eine Provinz. Die lokale Regierung einer Sonderwirtschaftszone hat das Recht zur Gesetzgebung.
Liste der Sonderwirtschaftszonen:
Darüber hinaus hat die Volksrepublik die gesamte Küste von der koreanischen bis zur vietnamesischen Grenze (ausgenommen die Mündung des Huang He) zum offenen Küstengebiet sowie folgende Häfen zu offenen Küstenstädten erklärt (allesamt ehemalige Vertragshäfen):
Zudem wurden zahlreiche Städte im Landesinneren erneut geöffnet, wie beispielsweise die Stadt Kaschgar, in der westlichen Provinz Xinjiang.
Es gibt unter Wirtschaftswissenschaftlern Zweifel daran, ob die Mehrheit der insgesamt rund 60 Sonderwirtschaftszonen die investierten Beträge wieder als Steuereinnahmen einbringen.[14]