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Herkynischer Wald (lateinisch Hercynia silva, griechisch ορη Αρκύνια oder Ορκύνια) ist die antike Sammelbezeichnung für die nördlich der Donau und östlich des Rheins gelegenen Mittelgebirge.
Die Etymologie des Namens ist umstritten. Einige glauben, er leite sich vom keltischen Wortstamm erchynn („hoch, erhaben“) ab. Der US-amerikanische Althistoriker Walter Woodburn Hyde hält auch eine lautliche Verwandtschaft mit den Toponymen Harz und Erzingen für möglich. Andere leiten ihn vom proto-keltischen *perkuniā ab (von indogermanisch *perkʷus = „Eiche“). Diese Ableitung wird untermauert durch althochdeutsch firgunna für den Herkynischen Wald, das sich vom gleichen Wort ableitet, wobei das indogermanische p in den keltischen Sprachen geschwunden ist, während es sich im Zuge der germanischen Lautverschiebung zu f verschoben hat. Eine weitere germanische Bezeichnung, die mutmaßlich mit dem Herkynischen Walde zusammenhängt, ist gotisch faírguni.
In lateinischen Texten des Mittelalters und der Neuzeit wurde der Harz mitunter als silva hercyniae bezeichnet, so unter anderem in der Abhandlung Hercynia Curiosa oder Curiöser Harz-Wald des Autors Georg Henning Behrens, der Flora des Arztes Johann Thal sowie in der Inschrift Utilitati Hercyniae (übersetzt mit „Zum Nutzen des Harzes“) in der Fassade des Harzkornmagazins in Osterode am Harz.
Auch die genaue Ausdehnung des Herkynischen Waldes ist unklar. Er wird zwar bereits in den Meteorologica des Aristoteles erwähnt, eine genauere Beschreibung ist uns aber erst in Gaius Julius Caesars Schrift De Bello Gallico überliefert, wo im Rahmen eines Exkurses über die Lebensweise der Germanen auf ihn eingegangen wird. Die Passage (6,25–28) ist wahrscheinlich pseudepigraph, wurde aber wohl schon in antiker Zeit in den Text interpoliert. In der betreffenden Darstellung heißt es, der Wald sei in Nord-Süd-Richtung etwa neun Tagesmärsche breit und erstrecke sich über sechzig Tagesmärsche nach Osten, vom Gebiet der Helvetier bis zu den im heutigen Rumänien siedelnden Dakern, den Anarten, die die Ufer der Theiß im heutigen Ungarn besiedelten, und noch weit darüber hinaus. Wenn man einen Tagesmarsch mit 25 Kilometern ansetzt, ergibt das eine Gesamtfläche für den Herkynischen Wald von mehr als 337.500 Quadratkilometern.
Mit der zunehmenden Akkulturation dieses riesigen Gebietes fanden die Römer in den Jahrhunderten nach Christus zu einer weniger pauschalen geographischen Begrifflichkeit und unterschieden künftig beispielsweise mons Taunus, saltus Teutoburgiensis, Silva Gabreta und Carpates montes. Die Besiedlung und Rodung erfolgte durch die fränkische Landnahme und die merowingischen und karolingischen Rodungswellen im 7. bis 10. Jahrhundert. In einer weiteren Rodungswelle im 11. Jahrhundert sollten die Slawen durch fränkische Siedler unterworfen werden.
In Caesars De bello Gallico werden drei angeblich typische Tierarten des Hercynischen Waldes beschrieben. Es sind dies:
Plinius der Ältere (23/24–79 n. Chr.) berichtet in seiner Naturalis Historia, es gebe im Herkynischen Wald Vögel, deren Gefieder nachts leuchte wie Feuer. Diese Wundergeschichte wurde unter anderem von Solinus (4. Jahrhundert) und Isidor von Sevilla (ca. 560–636) weiterkolportiert und war im Mittelalter weit verbreitet, vor allem in der Version von Honorius Augustodunensis (ca. 1080 – ca. 1151), der sie in seinem Schulbuch De imagine mundi allerdings in Hyrkanien verortet.
Der Asteroid des äußeren Hauptgürtels (458) Hercynia ist nach dem Herkynischen Wald benannt.